Es gibt Dinge, die man nicht planen kann. Ein Gefühl, einen Impuls, eine Vorliebe – und plötzlich wird daraus eine Leidenschaft. Bei mir sind es Stühle. Seit Jahren sammele ich einzelne Exemplare, etliche aus Skandinavien, einige mit abgewetztem Lack, andere mit makelloser Polsterung, und stelle sie in mein Haus. Eine Kolumne.
Kein Tisch gleicht dem anderen, kein Holzton, kein Design. Und doch bilden sie ein Ensemble, das für mich mehr Harmonie ausstrahlt als jede perfekt durchgestylte Kollektion aus dem Möbelhaus.
Warum Stühle? Vielleicht, weil sie mehr sind als nur Sitzgelegenheiten. Jeder erzählt eine Geschichte: die Schlichtheit eines dänischen Entwurfs aus den Sechzigern, die verspielten Rundungen eines norwegischen Modells, die klare Linienführung eines zeitgenössischen Designers. Sie stehen nicht einfach nur da – sie werden gesehen, berührt, genutzt. Und im Zusammenspiel ihrer Unterschiede entsteht etwas Neues, Einzigartiges.
In einem Raum können die Stühle ein visuelles Gedächtnis sein, eine kleine Galerie des Alltags. Ein Sitzmöbel, das vor Jahrzehnten entworfen wurde, neben einem aktuellen Lieblingsstück – es entsteht Spannung und Dialog. Ich liebe es, wie die Formen miteinander spielen, wie Farben sich ergänzen oder bewusst kontrastieren. Jeder Besucher bleibt stehen, schaut, fragt, lacht – und ich sehe, wie die Mischung aus Alt, Neu, Skandinavisch, Nordeuropäisch, Handwerklich und Industriell Wirkung zeigt.
Das Schöne an einer Stuhlsammlung ist auch die Freiheit. Man muss nicht alles angleichen, keine gleichen Beine, keine identische Polsterung. Einheitlichkeit kann elegant wirken, klar, minimalistisch, manchmal auch steril. Aber Vielfalt bringt Charakter, Wärme und Leben in die Räume. Ich sage immer: Lieber ein wild zusammengewürfeltes Ensemble von Stühlen mit Seele, als eine Reihe gleichförmiger Möbel ohne Geschichte.
Und so stehen sie in meinem Haus, verteilt in Küche, Esszimmer, Arbeitsbereich – immer präsent, immer auffordernd. Sie laden ein, sich zu setzen, zu verweilen, den Alltag zu unterbrechen. Eine Stuhlsammlung ist nicht nur Sammlung, sie ist Erlebnis, Erinnerung, Ausdruck von Individualität.
Ich bin überzeugt: Wer Räume liebt, sollte sich von der Idee lösen, dass alles zusammenpassen muss. Die kleinen Unterschiede, die Unregelmäßigkeiten, die Geschichten, die in einem einzigen Stuhl stecken – das ist es, was ein Zuhause besonders macht. Und bei mir sind es eben die Stühle.