Wer in den vergangenen Jahren sein Grün als hippen Outdoor-Lifestyle inszenieren wollte, hatte eigentlich nur eine Wahl: Sperrholzplatten und Euro-Paletten. Ob als Tisch, Stuhl oder Gartenpodest – das halbfertige Rohholz war das Material der Stunde. Kein Wunder: Kostengünstig, leicht zu beschaffen und aufregend „raw“ – was auch immer das im Garten bedeuten mag. Eine Kolumne.
Zunächst lag Motivation im Kreislaufgedanken: Wir retten alte Transportpaletten vor dem Schredder und basteln nachhaltige Sitzgelegenheiten. Zwei Latten, vier Schrauben, fertig ist der Design-Klassiker! Was dabei herauskam, hatte mit Design allerdings so viel zu tun wie ein Ikea-Regal mit original skandinavischem Möbelbau: kantig, provisorisch, roh.
Das Zeitalter der Holz-Ikea-Notlösungen
Oft klafften im Grünen breite Fugen zwischen den Dielen, die man erst aufdringlich mit Moos ausstopfen musste. Die Oberflächen waren rau, bohrlöcherlastig – und wer dachte, Wetterschutzlasur würde helfen, klebte vorsätzlich am Ende mit Lackfahnen und Splittern an Jeans und Jacke fest.
Wer sein Sperrholz-Doppelstockbett nach draußen stellte, genoss besonders die Schönheit abblätternder Spanplattenränder. Dreieckige Furnierreste wehten wie Fetzen einer verlorenen Polster-Epoche im Wind.
Palettenmöbel-Fans sprühten außerdem großflächig diverse Trendfarben auf das Holz – Pastelltöne! Neon! Ombré! – in der Hoffnung, den DIY-Charme in ein kunstvoll-chinesisches Raumschiff zu verwandeln. Leider ließ sich die Farbpalette nie ganz mit der Umgebung abstimmen; der Sitzblock in Rosé wirkte eher wie ein spektakulärer Fehltritt auf einer Baustelle.
Die große ästhetische Verwirrung
Dass diese „Einrichtungs“-Ära nicht nur charmant, sondern vor allem verwirrend wirkte, lag an einem grundlegenden Missverständnis: Minimalismus und Öko-Gedanke wurden fälschlich gleichgesetzt mit unfertiger Holzware. Wer minimalistisch leben wollte, kaufte beim Baumarkt Spanplatte und verzichtete auf Polster. Nachhaltigkeit bedeutete, keine neuen Möbel zu kaufen, sondern alte Verpackungen zu recyceln – ob sie sich dafür eigneten oder nicht. Und wenn etwas nicht passte, wurde mit improvisierten Leim-an-Holz-Techniken nachgearbeitet.
Dabei übersah man, dass Gartenmöbel nicht nur funktional sein sollten, sondern auch ästhetisch – gerade im heimischen Grün. Ein rohes Palettenregal mag in einer hippen Loft-Lochwohnung aufregend wirken, aber zwischen Salat, Minze und Hibiskus wirkte es allenfalls beklemmend. Die scharfen Kanten standen in schreiendem Kontrast zu weichen Pflanzenkonturen, und die grobe Oberflächenstruktur schluckte das Tageslicht.
Douglasie statt Sperrholz
Zum Glück hat sich dieser Stil mittlerweile totlaufend selbst ad absurdum geführt. Die Überbleibsel aus Sperrholz und Paletten werden heute entsorgt oder fachgerecht restauriert. Stattdessen setzen Gartenbesitzer nun wieder auf robuste, hochwertig gefertigte Möbel aus Douglasie, Eukalyptus oder Recycling-Metall – gern kombiniert mit wetterfesten Kissen in dezenten Naturtönen. Auch modulare Systeme, die sich an Platz und Stimmung anpassen lassen, sind wieder in Mode.
Fazit: Die Ära der DIY-Wilde-Holz-Experimente im Garten bleibt als skurriles Kapitel in Erinnerung, hat uns aber eines gelehrt: Nachhaltigkeit und Ästhetik gehen am besten Hand in Hand, wenn man das Material nicht nur dem eigenen Basteltrieb, sondern auch dem Auge und der Umgebung zuliebe auswählt. Ende gut, alles gut – das Holz weicht dem Design.