Der Interiortrend „Biophilic Design“ stellt die Verbindung zwischen Mensch und Natur in den Mittelpunkt. Die Idee dahinter: Der Kontakt zur Natur kann das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Produktivität der Menschen verbessern. Deshalb sollten bei der Wohnraumgestaltung Außen und Innen verknüpft werden.
Der Biophilic-Design-Trend hat seine Wurzeln in mehreren Disziplinen und Entwicklungen der vergangenen Jahre und hat das Potenzial, alles in Frage zu stellen, wie wir Wohnraumgestaltung bisher gedacht haben. Vor allem die Biophilie-Hypothese des Biologen Edward O. Wilson aus den 1980er Jahren bildet eine wichtige Grundlage. Menschen haben demnach eine angeborene Verbindung zur Natur (Biophilie). Die Innenarchitektur sollte gemäß dieser Gestaltungsphilosophie naturorientiert gestaltet werden.
Kritiker bemängeln, dass der Begriff „Biophilic Design“ zu einem Modewort geworden ist, das oft missverstanden oder oberflächlich angewendet wird. Einige Designer und Architekten reduzieren den Trend auf rein ästhetische Elemente, ohne die tiefergehenden Prinzipien und wissenschaftlichen Grundlagen zu berücksichtigen.
Was ist Biophiles Design?
Es geht um eine reale Verbindung mit der Natur, nicht um „grünes Dekorieren“. Hier die wesentlichen Merkmale und Prinzipien des Biophilic Designs:
- Natürliche Elemente in Innenräumen:
- Pflanzen: Einbindung von Zimmerpflanzen und grünen Wänden zur Verbesserung der Luftqualität und zur Schaffung einer beruhigenden Atmosphäre.
- Wasser: Verwendung von Wasserelementen wie Brunnen oder Aquarien, um eine beruhigende Wirkung zu erzielen.
- Natürliche Materialien und Texturen:
- Holz, Stein und andere Naturmaterialien: Nutzung von natürlichen Materialien in Möbeln, Bodenbelägen und Wandverkleidungen, um eine warme und organische Umgebung zu schaffen.
- Textilien: Einsatz von Textilien, die natürliche Muster und Texturen widerspiegeln, wie zum Beispiel Baumwolle, Wolle oder Leinen.
- Natürliche Lichtquellen:
- Tageslicht: Maximierung des natürlichen Lichteinfalls durch große Fenster, Oberlichter und Glaswände.
- Beleuchtung: Verwendung von Beleuchtungskonzepten, die den natürlichen Tageslichtverlauf nachahmen.
- Biomorphe Formen und Muster:
- Organische Formen: Integration von geschwungenen, organischen Linien und Formen, die in der Natur vorkommen.
- Naturinspirierte Muster: Verwendung von Mustern, die natürliche Elemente wie Blätter, Blumen oder wellenartige Strukturen nachbilden.
- Ausblicke und Verbindung zur Natur:
- Fenster und Ausblicke: Gestaltung von Räumen mit Ausblicken auf natürliche Landschaften, Gärten oder andere grüne Flächen.
- Innen- und Außenräume verbinden: Schaffung von Übergängen zwischen Innen- und Außenbereichen, zum Beispiel durch Terrassen, Balkone oder Wintergärten.
- Sinneswahrnehmungen:
- Geräusche: Integration von natürlichen Klängen, wie Wasserrauschen oder Vogelgezwitscher, um eine entspannende Atmosphäre zu schaffen.
- Gerüche: Einsatz von natürlichen Düften, wie ätherischen Ölen, um die Sinne zu stimulieren und eine beruhigende Umgebung zu fördern.
- Erholung und Rückzug:
- Rückzugsorte: Schaffung von ruhigen, gemütlichen Ecken und Nischen, die Entspannung und Erholung ermöglichen.
- Naturnahe Räume: Gestaltung von Räumen, die das Gefühl eines Rückzugs in die Natur vermitteln, wie zum Beispiel Indoor-Gärten oder begrünte Innenhöfe.
Ist „Biophilic Design“ wissenschaftlich fundiert?
Die Biophilie-Hypothese des Naturwissenschaftlers Edward O. Wilson (1929-2021) besagt, dass Menschen eine angeborene Verbindung zur Natur haben und dass diese Verbindung für das Wohlbefinden wichtig ist. Er war damit Vorreiter für das Feld der Soziobiologie. Von ihm stammt auch der Begriff „Biodiversität“.
Forschungen in der Umweltpsychologie haben ebenfalls gezeigt, dass natürliche Umgebungen positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden haben. Dies hat die Grundlage für die Integration natürlicher Elemente in Innenräume gelegt.
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Auch die Architektur und Stadtplanung haben ihren Beitrag geleistet, wobei Pioniere wie Frank Lloyd Wright und seine Philosophie des „organischen Bauens“ den Weg für biophiles Design bereitet haben, indem sie die Integration von Gebäuden in ihre natürliche Umgebung betonten. Der Fokus auf nachhaltiges Bauen und die Nutzung umweltfreundlicher Materialien hat ebenfalls zur Popularität von biophilic Design beigetragen, da Nachhaltigkeit und Biophilie oft Hand in Hand gehen.
Zudem haben Studien gezeigt, dass der Kontakt mit der Natur Stress reduziert, die kognitive Funktion verbessert und die Genesung von Krankheiten beschleunigt. Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass biophiles Design in Gesundheitseinrichtungen und Arbeitsplätzen zunehmend Anwendung findet. Technologischer Fortschritt hat es erleichtert, natürliche Elemente in Innenräume zu integrieren, wie zum Beispiel lebende Wände und intelligente Beleuchtungssysteme.
Obwohl viele Studien die Vorteile des Kontakts mit der Natur unterstützen, weisen Kritiker darauf hin, dass nicht alle Aspekte des biophilen Designs umfassend wissenschaftlich untersucht oder belegt sind. Es besteht Bedarf an weiterführender Forschung, um die genauen Mechanismen und Langzeiteffekte besser zu verstehen.