Sie schalten das Licht, regulieren die Heizung und hören aufs Wort: Smarte Geräte sollen das Leben bequemer machen. Doch der digitale Komfort hat eine Schattenseite. Immer mehr Hersteller beenden den Software-Support für ihre Produkte – mit gravierenden Folgen. Zurück bleiben frustrierte Nutzer und funktionslose Technik, die als teurer Elektroschrott endet.
Im „intelligenten Zuhause“ sind Lampen, Heizungen und Kameras über Apps und Sprachassistenten vernetzt. Sensoren messen Temperaturen, Aktoren setzen Befehle um, ein Gateway steuert das System. Doch die scheinbar clevere Technik funktioniert nur, solange Software und Cloud-Dienste verfügbar sind.
Fällt die Verbindung weg oder stellt der Hersteller den Betrieb seiner Server ein, verlieren viele Geräte ihre zentrale Steuerungsfunktion. Genau das geschieht derzeit bei mehreren bekannten Marken. Der deutsche Anbieter Gigaset hat seinen Cloud-Dienst bereits abgeschaltet, Bose streicht im Februar den Streaming-Support für seine Soundtouch-Lautsprecher, Neato-Saugroboter verlieren bald die App-Steuerung. Auch Belkin und Logitech nehmen ihre Server vom Netz – mit der Folge, dass etwa der Logitech-Pop-Schalter oder 27 Wemo-Geräte ab 2026 unbrauchbar werden.
Mit zunehmender Vernetzung wächst auch die Abhängigkeit von Software-Updates und Cloud-Diensten, deren Einstellung die Nutzung von Geräten einschränken kann.
Sicherheitsrisiken durch fehlende Updates
Neben Komfortverlust drohen auch Sicherheitslücken. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnt: „Über Updates schließen Hersteller Sicherheitslücken. Ohne regelmäßige Aktualisierungen entstehen erhebliche Risiken und Einfallstore für Cyberangriffe.“
Die Bedrohungslage wächst, weil die Zahl vernetzter Geräte rasant steigt. Laut BSI wird es 2025 weltweit fast 20 Milliarden sogenannter IoT-Geräte geben – vom Kühlschrank über den Feuermelder bis zur Smartwatch. Drei Viertel der deutschen Internetnutzer besitzen inzwischen mindestens ein Smart-Home-Gerät. Doch nur wenige sichern ihre Systeme ausreichend ab.
„Viele Verbraucher vernachlässigen den Schutz, weil sie sich auf die Cloud verlassen“, sagt eine Sprecherin des BSI. Wenn diese plötzlich abgeschaltet wird, bleiben Geräte oft nutzlos – und das in großem Stil. „Das ist weder nachhaltig noch fair gegenüber den Kunden“, kritisiert Florian Ostermann von der Stiftung Warentest.
Verbraucherschutz und rechtliche Pflichten
Dürfen Hersteller ihre Dienste einfach einstellen? Nach deutschem Recht nicht uneingeschränkt. Seit 2022 verpflichtet das Bürgerliche Gesetzbuch Anbieter digitaler Produkte dazu, Software- und Sicherheitsupdates „für einen angemessenen Zeitraum“ bereitzustellen und verbundene Dienste funktionsfähig zu halten. Wie lange dieser Zeitraum konkret dauert, bleibt jedoch unbestimmt.
Eine neue EU-Richtlinie, die derzeit in nationales Recht umgesetzt wird, soll für mehr Transparenz sorgen. Künftig sollen Hersteller angeben müssen, wie lange Geräte mit Updates versorgt werden und wie lange ihre Cloud-Dienste verfügbar bleiben. Damit würde erstmals eine Mindestlaufzeit für digitale Funktionen festgeschrieben – ein Schritt, der vor allem Verbraucher schützen soll, die teure Smart-Home-Technik kaufen.
Wie Verbraucher sich schützen können
Wer bereits smarte Geräte besitzt, sollte prüfen, ob sie auch ohne Internetverbindung funktionieren. Einige Systeme lassen sich über eine lokale Basisstation weiterbetreiben, andere bieten Firmware-Updates oder Refurbishment-Programme an.
Eine Bitkom-Expertin rät Käufern, vor dem Kauf auf offene Systemarchitekturen zu achten – etwa auf den neuen Vernetzungsstandard „Matter“, der die Kompatibilität verschiedener Marken verbessern soll. Auch ältere Standards wie ZigBee können helfen, Geräte unabhängig von Cloud-Diensten zu nutzen.
Stiftung-Warentest-Experte Ostermann bestätigt: „Technisch wäre es möglich, Smart-Home-Systeme so zu gestalten, dass sie auch ohne Cloud laufen. Einige Anbieter verzichten aber bewusst darauf – oft aus Kostengründen oder um Nutzer enger an ihre Plattform zu binden.“
Für das Fachurteil der Prüfer spricht eine Zahl: In einem aktuellen Test waren nur sechs von 14 untersuchten Smart-Home-Systemen auch offline voll funktionsfähig. Der Rest verliert wesentliche Funktionen, sobald der Hersteller seine Server abschaltet.
Intelligente Häuser mit Ablaufdatum
Was als Komfortgewinn begann, entwickelt sich so zunehmend zum Problem. Smarte Lampen, Lautsprecher oder Thermostate, die ohne Server nicht mehr reagieren, stehen sinnbildlich für eine Branche, in der digitale Abhängigkeit zum Normalfall geworden ist.
Ohne verlässliche Update-Zeiten droht das „intelligente Zuhause“ zum kurzlebigen Produkt zu werden – ein Widerspruch zu Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Für Verbraucher heißt das: Wer sein Zuhause vernetzt, sollte nicht nur auf Design und Funktion achten, sondern vor allem auf die Frage, ob die Technik auch morgen noch funktioniert.
