Der erste Gedanke bei der Planung einer Bibliothek sollte sein: Wer soll künftig der Star sein: die Bücher oder das Regal und andere Bibliotheksmöbel? Regale, die mehr können als Billy.
Wer in unseren Internet-Zeiten eh Bücher für ein Medium von gestern hält, darf seine verbleibenden Restbestände an gedruckten Worten gern in das legendäre „Billy“-Regal stellen, mit dem jene Studenten- und andere Generationen aufgewachsen sind, die sich noch gern in Buchläden und Antiquariaten herumgetrieben haben. Der Klassiker in weiß oder schwarz (mittlerweile auch in Holztönen furniert zu haben) ist noch immer preiswert und wegen seiner geringen Tiefe von 28 Zentimetern wie geschaffen zum Unterbringen von Büchern. Mit „Billy“ macht man nichts falsch, nur eben sind sie mehr praktischer Verwahrort denn eine würdige Bühne für die Bücher.
Bibliothek im Wohnzimmer: Ein paar Grundregeln
Die wirkungsvollste Präsentation bleibt das individuell angefertigte Wandregal, das jeden Zentimeter nutzt, vom Boden bis zur Decke reicht, jede Ecke, jeden Wandverlauf mitmacht, Türen und sogar Fenster umkleidet, sich also den räumlichen Gegebenheiten wie eine zweite Haut anschmiegt. Ein guter Schreiner wird sich dieser Herausforderung gerne stellen, das Resultat verwandelt einen Raum in eine fast schon feierliche Gelehrtenstube. Bedenken sollte man jedoch, dass das Zimmer nicht zu klein sein sollte, denn die prall gefüllten Regale lassen den Raum optisch eher eng und dunkel erscheinen. Auf jeden Fall sollte man darauf achten, das Bücherregal nicht zu tief zu wählen, es soll nur für Bücher da sein und für nichts anderes. Eine Tiefe von mehr als 30 Zentimetern wirkt unangemessen.
Bookcases, Niehaus, Manufactum: Der Kompromiss
Ein Kompromiss zwischen reiner Tischlerarbeit und standardisierten Systemen bieten Geschäfte wie etwa Bookcases (in Berlin, bundesweite Lieferung) oder der Bücherregal-Bauer „Antikhaus Niehaus“ (ebenfalls in Berlin). Bookcases hat ein System stapelbarer Regalelemente im Angebot, die oben und unten mit massiven Sockeln abgeschlossen werden und in denen sich die Buchbestände hinter Glas würdevoll und staubsicher präsentieren können. Auch Drehregale und passende Bürostühle sind im Angebot. Ein verwandtes Produkt ist bei Manufactum zu beziehen, dort ist auch ein öffentlichen Büchereien abgeguckter Bücherwagen gelistet, auf dem sich die Handbibliothek des Hausherrn recht vorzüglich macht und eine enorme Gelehrsamkeit erahnen lässt.
Niehaus hält es ähnlich wie Bookcases und Manufactum (wenn auch ohne Glas), jedes Teil wird massiv aus Holz vom Tischler gefertigt, zur Auswahl steht eine breite Palette an Holzarten und Farben. Eine schöne Ergänzung können alte Büro- oder Bibliotheksmöbel sein (etwa bei „Das alte Bureau“ in Berlin). Wer seine Bücher derart unterbringt, vermittelt nonchalant die Seriosität – und Solvenz – eines alten Kontors.
Regalsysteme für die Bibliothek
Natürlich eignen sich auch bewährte – und in großen öffentlichen Bibliotheken gern genutzte – Regalsysteme wie etwa das Regal 606 von Dieter Rams (bei Vitsoe und sdr+) oder das System von USM, die allerdings beide nicht preiswert sind. Moderne Alternativen sind auch das Modell „Ptolomeo X4“ von Bruno Rainaldi (bei Ciatti), bei dem sich die Bücher zu einer freistehenden, fast zwei Meter hohen, sich um die eigene Achse drehenden Büchersäule türmen, oder „Uptown“ von Lapo Ciatti (ebenfalls bei Ciatti), das sich zu ganzen, auf- und abschwellenden, vor- und zurückspringenden Regallandschaften zusammenstellen lässt.
Nicht gerade gerade: WL2 und Bookworm
Vom geraden Pfad eines ordentlichen Bücherregals weichen „WL2“ und „Bookworm“ ab. Das eine erinnert mit seiner leichten Krümmung an einen von einem Stahlseil gespannten Bogen (von Wolfgang Laubersheimer, bei Misuraemme), das andere – wie der Name verrät – an einen sich kringelnden Wurm (von Ron Arad, bei Kartell). Beide sind ironische Varianten eines alten Themas, die jedoch selbst schon beinahe klassisch geworden sind.
